Hörgeräte sind miniaturisierte Hochleistungsrechner. Die Möglichkeiten der Programmierungen werden immer ausgefeilter. Hörgeräte werden immer kleiner. Es gibt sie in unauffälligen Farbausführungen und in modisch bunten Farben. Die Modellvielfalt ist nur zu schätzen. Und die Preise? Sie reichen vom Festpreisgerät je nach Kasse zwischen 700 und 800 Euro bis hin zu mehreren tausend Euro Pro Gehör.
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Im November 2013 wurde die Kostenübernahme durch den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen neu geregelt und die Qualitätsstandards angehoben. Daraufhin haben die einzelnen Krankenkassen mit der Bundesinnung für Hörgeräteakustiker und mit bundesweiten Akustikerketten sogenannte Versorgungsverträge abgeschlossen. Die Krankenkassen unterschieden beim Festbetrag zwischen zwei verschiedenen Hörgerätetypen: das Hörgerät für Schwerhörige und das Hörgeräte für an Taubheit grenzende Schwerhörige.
Der Erstattungsbetrag für ein Hörgerät für Schwerhörige liegt je nach Krankenkasse zwischen 720 und 780 Euro. Für das erste Hörgerät wird der volle Satz abgerechnet, für das zweite Hörgerät erstatten die Kassen 80 Prozent des Betrags. Der Versicherte trägt einen Eigenanteil von zurzeit 10 Euro pro Hörgerät. Abgesehen von Zubehör (Batterien etc.) entstehen dann keine weiteren Kosten.
Für die Auswahl, Anpassung und Wartung des Hörgerätes erstatten die Krankenkassen den Hörgeräteakustikern eine Regelversorgungspauschale für den Zeitraum von sechs Jahren. Danach hat ein Hörgeminderter Anspruch auf ein neues Gerät. Die Otoplastik muss gegebenenfalls öfters erneuert werden, wenn sich der Gehörgang verändert.
Mit der Neuregelung wurden auch die Standards neu festgeschrieben. Das Festpreisgerät für Schwerhörige muss über Digitaltechnik, mindestens vier Kanäle, eine Rückkopplungs- und eine Störschallunterdrückung verfügen. Ferner müssen mindestens drei Hörprogramme programmierbar und eine Verstärkungsleistung von bis zu 75dB möglich sein. Der Eigenanteil beträgt 10 Euro pro Gerät. Ziel ist, das Sprachverständnis im Umgebungsgeräusch und in größeren Gruppen zu verbessern. Der GKV-Spitzenverband [1] empfiehlt deshalb, den Hörgeräteakustiker gezielt nach einem Festpreisgerät zu fragen.
Gerade bei den Standardgeräten ist die Frage zu klären, ob sie mit einer Induktionsspule ausgestattet sind und mit einem Audioschuh nachzurüsten sind, um gegebenenfalls Zusatzgeräte anschließen zu können.
Zuzahlungsgeräte unterscheiden sich von Festpreisgeräten durch eine verbesserte Grundausstattung und Leistungsfähigkeit, spezielle Zusatzkomponenten, Bedienkomfort und ästhetische Aspekte.
Festpreisgeräte verfügen über vier Kanäle, Zuzahlungsgeräte verfügen über weit mehr. Die maximale Anzahl der Kanäle beläuft sich aktuell auf 48. Die Mehrkanaltechnik dient zur Feinabstimmung der verschiedenen Frequenzbereiche. Mehr Kanäle erlauben eine höhere Präzision bei der Verstärkung einzelner Frequenzabschnitte.
Auch in der Mikrofontechnologie gibt es Unterschiede. In mittel- und hochpreisigen Hörgeräten sind höherwertige Mikrofone verbaut, die das räumliche Hören verbessern und zur weiteren Optimierung der Störschallunterdrückung beitragen. Dadurch wird das Hören in geräuschvoller Umgebung verbessert. Es gibt hochpreisige Zuzahlungsgeräte, die in der Lage sind, das Störgeräusch um bis zu 20 dB zu unterdrücken. Bei Festpreisgeräten liegt der Standardwert bei 6 dB.
In Zuzahlungsgeräten sind oft weitere Funktionen einprogrammiert, wie z.B. Windgeräuschunterdrückung, Echo- und Hallfilterfunktionen und eine verbessere Impulsschallunterdrückung.
Höherpreisige Zuzahlungsgeräte verfügen oft über eine automatische Anpassung bzw. Wahl der Hörprogramme an die jeweilige Hörsituation. Bei Zuzahlungsgeräten sind beide Hörgeräte oft synchronisiert. Das heißt, wird an einem Hörgerät ein anderes Hörprogramm eingestellt, wird dieser Befehl automatisch an das andere Hörgerät übermittelt. Es geht also auch um verbesserten Komfort.
Sehr Interessant bei den Zuzahlungsgeräten sind zusätzliche Funktionen, wie z.B. die Bluetooth-Technologie zur kabellosen Übertragung. Ist das Hörgerät bluetoothfähig und an einen Sender gekoppelt, so ist eine Einspielung von Tönen ohne Entfernungsverlust direkt ins Hörgerät möglich. Externe Geräte, wie der Fernseher, der Computer oder CD-Player oder das Telefon können so angeschlossen werden. Gerade wer beruflich viel telefonieren muss, könnte diese Funktion zu schätzen wissen. Eine Nachrüstung zur direkten Bluetooth-Übertragung ist nicht möglich, wenn die Funktion nicht ab Werk eingebaut ist. Es gibt allerdings die Variante einer bluetoothfähigen Fernbedienung, die mittels Kabel an einen Audioschuh angeschlossen wird.
[1] www.gkv-spitzenverband.de/presse/pressemitteilungen_und_statements/pressemitteilung_64640.jsp
Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder der Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie führt diverse Standardmessungen durch und stellt den Hörgerätebedarf fest. Wird bei Tonaudiometrie auf mindestens einer Frequenz zwischen 500 und 4000 Hz eine Hörminderung um 30dB festgestellt und bei der Sprachaudiometrie eine Verstehensquote von 80% und weniger festgestellt, dann liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verordnung eines Hörgerätes vor. In der Regel werden dann beide Ohren mit Hörgärten versorgt. Sollten bei der Standarduntersuchung keine ausreichenden Ergebnisse vorliegen, werden weitere Tests vorgenommen. Der Facharzt stellt eine Verordnung aus mit der der Hörgeminderte zu einem Hörakustiker seiner Wahl geht. Die Verordnung wird nach erfolgreicher Wahl und des Ausprobierens eines Hörgerätes mit dem Antrag auf Kostenübernahme an den jeweiligen Versicherungsträger weitergeleitet.
In der Regel übernehmen die Krankenkassen den Festbetrag bei der Versorgung mit Hörgeräten. Sollte der Hörverlust berufsbedingt entstanden sein, ist die jeweilige Berufsgenossenschaft in der Pflicht. Im Rahmen von Rehabilitationsmaßnahmen kann aber auch der jeweilige Rentenversicherungsträger die Kosten übernehmen. Wichtig ist, dass vor dem endgültigen Kauf, der Antrag auf die Kostenerstattung beim Versicherungsträger bewilligt wurde.
Die Krankenkassen übernehmen aufgrund der Verordnung durch den HNO-Arzt die Kosten für ein Festpreisgerät, das den neuen Standards entspricht. Hier hat der Kunde keinerlei Aufwand. Wichtig ist, dass er vor dem eigentlichen Kauf den Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse stellt. In der Regel übernehmen die Hörgeräteakustiker das Antragsverfahren.
Entscheidet sich ein Kunde für ein Zuzahlungsgerät und möchte dieses Probetragen, so wird ihm der Hörgeräteakustiker eine Mehrkostenerklärung vorlegen, die der Kunde unterschreiben muss. Der Hörgeräteakustiker sichert sich dadurch gegenüber dem Kunden und der Krankenkasse ab. Ist der Kunde mit dem Hörgerät zufrieden, stellt er einen Antrag auf Kostenübernahme in Höhe des Festbetrages bei der Krankenkasse. Den Rest begleicht der Kunde aus eigener Tasche.
Will ein Kunde einen höheren Kostenerstattungsbetrag beispielsweise bei der Krankenkasse durchsetzen, so könnte das nach der Neuregelung eher schwierig werden. Der Kunde muss dann erst ein zuzahlungsfreies Gerät testen und es muss ausführlich dokumentiert sein, dass gerade das Sprachverstehen im Umgebungsschall und in größeren Gruppen wesentlich verbessert ist. Wer diesen Weg gehen muss, wendet sich am besten an die Hörberatungsstellen des Deutschen Schwerhörigenbundes.